Nur für zwei Stunden: Die Brücke überspannt ihre Bögen zwischen den Ufern. Sie schwebt zwischen zwei Welten – eine stille Wächterin, die mehr trennt, als sie verbindet. Hallenden Schrittes hinüber über den Fluss – und die Luft verändert sich auf dem Weg vom Diesseits ins Jenseits. Das Licht wird grell auf der „hellen Seite“, steril, und gnadenlos erleuchtet es die Augen der Umherhuschenden. Teure Handtaschen baumeln an ihren Handgelenken wie Siegestrophäen, während billige Plastiktüten wie ein Hohn neben ihnen schwingen. Hier, wo niemand nach Pfandflaschen in Containern sucht, wo Parfüms überdecken, was nicht sein darf, sucht man nach Bedeutung in Dingen, die sie nicht brauchen, nach Bedeutung, die es nicht gibt. Mit schmerzenden Augen, trockener Kehle und bis zur Lähmung geschärften Sinnen voran und durch, erledigen, was zu erledigen ist, und zurück – zurück zu den besprühten Straßen voller Wunder, Straßen so bunt wie ein chaotisches Gemälde, wo es nach Leben riecht und auch nach Verfall, wo auch mal der Duft von Marihuana um die Ecken schleicht – zurück zur „dunklen Seite“. Und dort – auf der „hellen Seite“, wo das Licht blendet – erstickt von der Flut der Eindrücke, sind Geister in den Augen der Menschen und Schatten, die hinter grellen Fassaden lauern. Es ist eine merkwürdige Symmetrie: Die „helle“ Seite ist die wahre Dunkelheit, blendend und leer. Die „dunkle“ Seite, rau und unbeugsam, trägt das Gewicht von etwas Echtem. Zwischen den beiden Welten hängt die Brücke, stumm und uralt, eine Verbindung, die mehr trennt, als sie vereint. #dresden #gesellschaftskritik #perspektive #stimmung #materialismus #konsum #dualität #brücke